Ein Herzenstext über Ablehnung und Zurückweisung. Warum wir diese Gefühle nicht scheuen müssen und warum ich meinen Kindern einen besseren Umgang damit vorleben will.
Viele Jahre hasste ich das Gefühl der Ablehnung oder Zurückweisung. Ich hatte große Angst davor. Meine Strategie: Jede Situation vermeiden, in der ich erfahren könnte, dass ich nicht genug bin oder gar jemandem eine Last sein könnte.
Ich brauchte lange, um zu lernen was abgelehnt zu werden tatsächlich bedeutet. Jemand der mich zurückweist sagt damit nämlich nicht automatisch: Ich mag dich nicht, ich mag deine Ideen nicht.
Die Person, die mir eine Abfuhr erteilt, kann tausend Gründe dafür haben. Es ist zum Beispiel viel wahrscheinlicher, dass diese Person aktuell einfach viel zu viele andere Dinge im Kopf hat. Oder gerade lernt die eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu formulieren. Und vielleicht besteht jetzt gerade einfach keine Verbindung, auch wenn man sich das gewünscht hat.
Ganz egal was der Grund für die Ablehnung ist, es gibt so viele berechtigte Gründe, dass es müssig wäre darüber zu diskutieren.
Wenn ich jetzt im Rückblick mir selbst einen Rat geben könnte, wäre es:
Ablehnung ist gut!
Wenn du zurückgewiesen wurdest bedeutet es nämlich in der Regel, dass du dich vorher engagiert und geöffnet hast. Du hast es versucht und das ist immer richtig. Viel zu viele Menschen wagen diesen ersten Schritt schon nicht. Eben aus der Angst vor Ablehnung heraus. Ablehnung ist also überhaupt nichts, was einem peinlich sein müsste.
Eine Gelegenheit!
Unsere Kinder lernen hauptsächlich durch unser gelebtes Vorbild. Ich möchte, dass meine Jungs früh die Existenz von diesen Gefühlen und Herausforderungen des Lebens wahrnehmen und die Chancen darin erkennen.
Ich möchte mir mit diesem Text selbst wieder bewusst machen, welche wichtigen Erkenntnisse in einer Zurückweisung verborgen sein können. Dafür habe ich insgesamt 8 Lektionen für mich formuliert…
#1 Du bist da – trotz Ablehnung
Viele Menschen verstecken sich. Sie zeigen ihre Talente und Gefühle nicht offen, vor lauter Angst nicht zu genügen oder gar Ablehnung zu erfahren. Denn wenn man sich öffnet und zeigt, gibt es immer auch eine große Wahrscheinlichkeit nicht zu gefallen. Jeder von uns hat diese Angst, denn wir alle sind nicht perfekt und mit jedem Blick auf uns werden auch die Mängel sichtbar.
Das ist, gerade bei all dem Schein in den Medien, die größte Herausforderung. Die Akzeptanz der eigenen Unvollkommenheit. Doch wenn man erstmal einsieht, dass wirklich keiner von uns perfekt ist, fällt es leichter die eigenen Fehler zuzulassen.

#2 Du lernst beim nächsten Mal bessere Fehler zu machen
Der Versuch alle Fehler zu vermeiden ist grundsätzlich der größte Fehler von allen. Nicht umsonst gibt es erfolgreiche Vortragsreihen wie die Fuckup Nights, bei denen die geladenen Speaker von ihren größten Fehltritten erzählen und wie sie daraus gelernt haben.
Ich habe lange versucht jeden Fehler zu vermeiden und dabei eigentlich auf all das verzichtet, was ich in dieser Zeit hätte lernen und erleben können. Aber diesen Fehler mache ich nicht nochmal. Jetzt lasse ich Fehler gerne zu, manchmal laufe ich sogar ganz bewusst hinein. Denn ich habe gelernt, dass ich den richtigen Lösungsweg aus der Situation des Versagens viel deutlicher und klarer sehen kann.
#3 Du wirst viel geduldiger und netter mit dir selbst
Die ersten Zurückweisungen und Ablehnungen fühlen sich richtig mies an. Wenn dir bewusst wird, das Date steht nicht so sehr auf dich wie du auf ihn, zum Beispiel. Oder wenn du realisierst, dass du nicht zu der Party eingeladen wurdest, auf die alle deine Freunde gehen werden.
Es kommen Gedanken auf wie „ich bin nicht genug“, „ich werde es nie schaffen“, „ich habe immer nur Pech“. Das kenne ich gut. Aber um in einem sozialen Gefüge klar zu kommen müssen wir lernen netter zu uns zu sein. Den eigenen Stolz und Dickkopf zu kontrollieren ist wichtig, wenn man nicht als Einsiedler leben will.
Zudem sind solche Sätze voll von Selbsthass und Selbstmitleid. Es hat eine Weile gebraucht bis ich verstanden habe, dass keins dieser Gefühle mich weiterbringen. Sie helfen nicht dabei irgendeins meiner Ziele zu erreichen. So Sätze können nur lähmen und runterziehen.
Man kann sich aber nicht permanent selbst runtermachen und dabei die Erwartungen immer höherschrauben. Wenn ich mit mir selbst unzufrieden, ungeduldig und ungerecht bin, gebe ich sehr schnell auf. Egal ob es um ein neues Projekt, eine Freundschaft oder eine Ernährungsumstellung geht. Die Konsequenz daraus: Ich bin besser mein eigener Cheerleader!
#4 Du lernst Prioritäten besser zu setzen
Ich will immer alles parallel und möglichst perfekt machen. Das scheint vielen Menschen auch so zu gehen. Und die Meisten fliegen damit regelmäßig auf die Nase. Statt alles parallel und perfekt machen zu wollen, musste ich lernen meine Stärken besser zu erkennen. Ich habe auch feststellen können wo meine Kräfte besser einzusetzen sind. Einzig durch Menschen, die meine Aktionswut mit einem „Stop! So wollen wir das nicht!“ vorzeitig gebremst haben.
Nachdem ich ein paar Mal erlebt habe, wie ich zurückgewiesen wurde obwohl ich selbst mit Vollgas in eine Idee gerannt bin, setzte auch da ein Lernprozess ein. Jetzt renne ich nicht mehr vorschnell in eine Richtung, auch wenn das mein erster Impuls ist. Ich differenziere jetzt erst und halte mich an ein struktuierteres Vorgehen. Zumindest versuche ich das.
Manche Dinge muss man üben und auch das ist eine Erkenntnis dieser Fehltritte gewesen. Man muss Handgriffe wiederholen um aus Talent eine echte Fähigkeit zu machen. Und selbst dann ist es wichtig immer weiter an jedem Schritt zu feilen und dran zu bleiben, besser zu werden.
#5 Du lernst besser zu kommunizieren
Häufig fällt mir auf, dass Menschen Konflikte vermeiden in dem sie bei etwas zustimmen, dass sie eigentlich nicht wollen. Das war zu Beginn unserer Ehe oft ein Streitthema. Die Angst vor einem möglichen Konflikt, hat dabei oft eine konstruktive Kommunikation verhindert.
Vielleicht zögert man, etwas anzubringen, weil man den Partner nicht verärgern oder verunsichern will. Aber Kommunikation ist ein essentieller Teil von Beziehungen – vielleicht der Wichtigste.

Wenn ich etwas möchte muss ich mutig sein und es aussprechen und wenn ich etwas nicht will, dann erst recht! Wenn ich abgelehnt werde, weil mein Gegenüber nicht mitspielen will, ist das die Gelegenheit Fragen zu stellen!
Manchmal musste ich auch im Nachhinein erkennen, dass mein Wunsch abgelehnt wurde, weil ich nicht klar genug kommunizierte. Das war dann mein Fehler. Aber diese Einsicht ist wichtig, denn in der nächsten Situation erinnere ich mich daran – auch an das miese Gefühl – und drücke mich klarer aus. Die Zurückweisung ist kein Makel, es ist eine Gelegenheit bessere Kommunikation zu lernen.
#6 Du wirst widerstands- und improvisationsfähiger
Der Unterschied zwischen den Menschen, die vorankommen und denen die auf der Stelle treten ist immer, dass die Letzteren aufgeben. Sie versuchen es nicht mehr. Sie geben der Angst nach. Das soll jetzt niemanden verurteilen, denn in dieses Loch fallen wir alle regelmäßig! Wichtig ist, wieder rauszukommen.
Man muss damit klar kommen, zurückgewiesen zu werden, ein „Nein“ zu hören, sich zu blamieren, Pleite zu gehen, nicht von jedem gemocht zu werden oder auch einfach nicht wahrgenommen zu werden.
Gerade diese Einsichten sind für Kinder so essentiell, um auch in der Schule mit schlechten Noten oder klaren Worten der Lehrer zurecht zu kommen.
#7 Du lernst, dass du nicht das Ergebnis bist
Manchmal läuft’s. Manchmal nicht. Manchmal läuft es gerade dann nicht, wo ich mich eigentlich total sicher gefühlt habe. Alles kontrollieren zu wollen funktioniert aber leider auch nicht. Ich hab’s versucht und bin gescheitert.
Man kann es weder jedem recht machen, noch alle Reaktionen voraussehen. Ich liebe es die Sicherheit vollster Kontrolle zu haben, aber leider ist das eine Illusion.
Ganz davon abgesehen, dass es keine idealen Bedingungen gibt, sollte unser Handeln nicht auf den Reaktionen der Anderen basieren. Wenn man anfängt sich an den vermeintlichen Erwartungen zu orientieren, werden die eigenen Gefühle Achterbahn fahren und einen sehr bald aus dem Spiel kicken.
#8 Du lernst neue Perspektiven einzunehmen
Die Welt dreht sich nicht nur um mich. Eine wichtige Lektion für uns alle, oder?! Manchmal glaube ich, zu wenige Menschen haben diese Einsicht in ihrer Kindheit.
Die meisten Menschen denken nur an sich und ihre eigenen Problemchen, was in diesem Fall ganz gut ist. Denn mein Versagen wird sie wenig berühren. Mein Scheitern wird keinen wirklich interessieren. Also kein Grund ein Drama daraus zu machen, es betrifft nur mich.
Wie zu Anfang dieses Beitrags gesagt, hat jeder sein eigenes Päckchen zu tragen. Vielleicht haben die Menschen, die mich oder meine Arbeit gerade nicht wollen einfach wichtigeres zu tun? Vielleicht warten sie auf jemand anderes, vielleicht treffen sie die Entscheidungen auch nicht komplett unabhängig von Dritten. Vielleicht ist mein Timing nicht das Richtige, vielleicht gibt es einen kleinen entscheidenden Faktor, den ich nicht sehen kann.
Manchmal ist es gut neue Perspektiven einzunehmen, um die Arbeit oder Kommunikation zu verbessern. Nicht um die Reaktionen zu kontrollieren.
Jeder erfährt Ablehnung und Zurückweisung
Schau dir jeden Menschen an, den du aus irgendeinem Grund bewunderst oder vielleicht sogar als Vorbild ansiehst. Sie alle haben Hindernisse überwunden, Ablehnung erfahren und das sehr oft! Jeder von ihnen hat Neider und Menschen, die der Meinung sind, sie hätten den Erfolg oder die Liebe nicht verdient.
Who cares?!

Die Autorin dieses Beitrags
Leila schreibt seit 2014 über Familie, Food und Reisen hier auf Münstermama, und als Kolumnistin der MZ. Als Gründerin des Münsteraner Bloggernetzwerks MünsterBLOGS ist sie aktuell nicht mehr aktiv, begleitet das Netzwerk aber noch immer.