Mamas Stories

Bodypositivity, ein Selbst-Experiment

Heute geht’s um Bodypositivity und einen Ausflug nach Hamburg. Aus meiner ganz persönlichen Perspektive. Ohne Zucker aber dafür mit ganz besonderen und allesamt wunderschönen Frauen!

Werbung- Als ich vor zwei Wochen den Beitrag zum Thema Ablehnung online stellte, kostete das einiges an Überwindung. Das waren zwar ganz banale aber doch sehr intime Gedanken. Seitdem bekomme ich von euch fast täglich Nachrichten dazu. Darüber freue ich mich so sehr!

Danke für eure Rückmeldungen!

Eine traut sich doch eine Bewerbung loszuschicken, mit der sie lang gehadert hat und die andere lädt jetzt öfter neue Bekannte zum Essen ein, um sie besser kennen zu lernen. Mit so vielen motivierten Rückmeldungen hatte ich überhaupt nicht gerechnet!

Tatsächlich beschäftigt mich auch, was ihr mir schreibt. Ich denke oft lange darüber nach und ein Punkt hat mich so sehr beschäftigt, dass ich diese Woche nach Hamburg fuhr.

Wann lässt Du Ablehnung zu?

Jemand fragte mich direkt am Tag der Veröffentlichung, wann ich mich denn wirklich das letzte Mal selbst einer Bewertung ausgesetzt hätte. Ich verstand nicht wirklich wohin die Frage führen sollte. Für mich bedeutet jeder Text, den ich online stelle und jedes Bild im Social Media, mich euren Bewertungen auszusetzen. Doch dieser Leser wollte einen anderen Punkt treffen. Einen viel persönlicheren…

„Bei den Bloggerveranstaltungen wird euch doch eh nur Zucker in den Arsch geblasen.“

Mal ganz von der unterirdischen Wortwahl abgesehen, kann ich das nicht leugnen. Natürlich wollen Veranstalter, dass man sich als Blogger wohl fühlt. Jetzt könnte ich als Rechtfertigung anbringen, wie sehr ich gezittert habe bei den Live Auftritten in der WDR Lokalzeit oder auch bei jedem einzelnen Foto-Projekt der letzten Monate (von denen ihr vielleicht noch einige zu sehen bekommt).

Aber auch wenn meine Nervosität vor Kameras groß ist, wurde ich dort nicht wirklich bewertet. Man hat mich ja eingeladen… und zwar als Münstermama und weniger als Leila. Auch wenn es sich nicht immer so anfühlt, wenn ich in der Rolle der Münstermama unterwegs bin, habe ich ein kleines Schutzschild um. Und Zucker gibt es meist auch genug…

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Sieht man uns das Glück an? So leckeres Essen und dann noch gute Freunde! – mit Denise Colquhoun und Lisa Nieschlag

Schrieb ich dort von etwas, das ich selbst gar nicht mehr nachfühlen konnte?

Doch dann startete Tanja Marfo von Kurvenrausch einen Aufruf, der die perfekte Gelegenheit bot um gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Meine Neugier für das Thema Plussize Fashion ist groß, aber dies war auch die Chance, mich mal ganz bewusst wertenden Blicken auszusetzen. (Vielen Dank nochmal an dieser Stelle!)

Gelebte Bodypositivity

Tanja ist eine sehr erfolgreiche Fashion und Beauty Bloggerin für Plus Size Mode. Sie hat als Organisatorin der Plus Size Fashion Days die größte Fashion Show für große Größen in Europa geschaffen und zeitgleich ihre Kurvenrausch Model Agentur gestartet. Letztere erfährt jetzt einen Relaunch, den auch das ZDF begleitet. Für eben diesen Relaunch hat Tanja ein Casting organisiert.

Ich gehe zu einem Casting!

Ich habe mir, ehrlich gesagt, kein Bild davon gemacht wie so ein „Casting“ abläuft. GNTM gehört nicht zu meinen Sehgewohnheiten und wo kommt man sonst bitte mit einem Casting in Berührung?! Ein wenig hatte ich mir das Event von Tanja wie ein kleines feines Blogger-Event vorgestellt. Vielleicht ein Schlückchen Sekt während wir alle etwas über den Relaunch erfahren, anschließend nett quatschen und einen schönen Nachmittag erleben. Vielleicht war ich so naiv, weil das Bild von mir selbst bei einem echten Casting sich nicht richtig anfühlt?

Tatsächlich kam ich vom Hamburger Regen durchnässt in einer Hotel-Lobby an. (In Münster schien übrigens die Sonne als ich losfuhr.) Dort warteten schon viele Frauen vor mir und ich war überrascht, dass es doch eine größere Nummer wird. Ich sagte Tanja und Chris kurz „Hallo“ und verschwand erstmal ins Bad. Ich zog mir trockene Klamotten an, knüpfte die ersten Kontakte und nahm dann voller Spannung meinen Warteplatz ein.

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Ein kurzes Interview zum Gefühl bei einem Casting dabei zu sein. Aufregung pur!

Bodypositivity muss man aktiv lernen

An diesem Nachmittag durfte ich erfahren, wie es für fast alle Frauen dort ein ständiges Thema ist, sich selbst und den eigenen Körper anzunehmen. Welche schwierigen Prozesse alle durchlaufen haben, um weg zu kommen von den aberwitzigen Figur-Idealen. Wie schwer es für alle ist, auf ein gesundes und bewusstes Leben hinzuarbeiten.

Ich durfte sehen, wie Frauen offen zugaben nur durch Plussize-Ikonen wie Silvana Denker (die Initiatorin der internationalen #BodyLove und #MetallicCurves Kampagnen), Tanja mit Kurvenrausch und dem Film Embrace* anfangen ein neues Selbstbild zu entwickeln. Immer wieder hörte ich:

„Seitdem ich mich fernhalte von bestimmten Fernsehformaten und Zeitschriften geht es mir besser!“

Ich konnte auch an mir selbst beobachten, wie sich mein Köperbewusstsein durch die Anwesenheit der schönen, kurvigen Frauen an diesem Nachmittag positiv wandelte. Viel zu oft komme ich mir nämlich in Mode-Geschäften vor wie ein Elefant. Meine Kurven wollen nicht in eine Größe 38 passen und mein Stilbewusstsein nicht in einen WallaWalla-Sack.

Wenn ich Mode-Magazine aufschlage lächeln mich größtenteils nur Frauen in Größe 34 an. Ganz besonders wertige Designermode interpretiert das Thema Diversität höchstens mit einem asiatisch anmutenden Model oder einer sehr hellen POC. Verschiedene Körpergrößen und Konfektionsgrößen sieht man leider selten.

Meine persönliche Konsequenz: Ich bestelle online nur noch, wenn ich die Klamotte vorher im Bild an einer „normalen“ Frau gesehen habe! Geschäfte in denen nur mit viel Glück ein Teil in 44 zu finden ist, meide ich konsequent.

Bodypositivity ist in allen Größen wichtig

Als ich aber in dieser Hotel Lobby in Hamburg all diese wunderschönen, gesunden, fitten, mutigen Frauen um mich herum sah, begriff ich erst wie wichtig die Arbeit von Tanja, Silvana und all den anderen Body Positivity Aktivistinnen ist. Sie haben es geschafft innerhalb von wenigen Jahren das gängige Bild von Frauen in den Medien ein wenig aufzubrechen! Ich wünsche mir, dass sie weiterhin viel Erfolg haben und mehr starke Unterstützung von den großen Designern bekommen.

Selfie Münstermama
Ob ich mit mir selbst zufrieden bin?
An manchen Tagen mehr als an anderen.

Ein Lauf gegen die Ängste

Auch wenn ich mit einer sehr entspannten Einstellung zu der Veranstaltung ging, klopfte mein Herz doch sehr laut, als ich dann an der Reihe war. Sich selbst und vor allem nur seinen Körper auf eine Bühne zu stellen und zur Bewertung auszusetzen ist schon eine krasse Erfahrung. Mir wurde auch bewusst: Ich bin noch nie schön gelaufen. Und ganz ehrlich, unter dem kritischen Blick von über 20 Frauen, wäre ich am liebsten weg gelaufen. Aber ich hab es ausgehalten. Und musste an meine eigenen Worte denken.

Ein Nachmittag voll Inspiration

Es gibt Frauen, die deutlich besser auf den Laufsteg passen. Die selbstbewusster auftreten und es genießen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Und es braucht Leidenschaft und Herzblut, denn es ist mental und körperlich unglaublich anstrengend. Man muss es wirklich wollen und sehr hart dafür arbeiten. Auch im Plussize ist das Mode-Business kein Ponyhof!

Zugegebenermaßen freue ich mich auf meine nächsten Projekte jetzt noch mehr, weil mir wieder klarer geworden ist wo mein Herzblut hinfließt. Gerade für diese Neufokussierung finde ich es wichtig (und spannend) immer mal wieder einen Blick in andere Berufsfelder zu wagen.

Gestern war ich erstmal auf gleich zwei schönen Veranstaltungen eingeladen, bei denen der Zucker sicher nicht zu kurz kam… aber dazu ein anderes Mal mehr.

Die Autorin dieses Beitrags

Leila schreibt seit 2014 über Familie, Food und Reisen hier auf Münstermama, und als Kolumnistin der MZ. Als Gründerin des Münsteraner Bloggernetzwerks MünsterBLOGS ist sie aktuell nicht mehr aktiv, begleitet das Netzwerk aber noch immer.

Kategorie: Mamas Stories

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Leila schreibt seit 2014 über Familie, Food und Reisen hier auf Münstermama, und als Kolumnistin der MZ. Als Gründerin des Münsteraner Bloggernetzwerks MünsterBLOGS ist sie aktuell nicht mehr aktiv, begleitet das Netzwerk aber noch immer.