Seit einigen Jahre gibt es in Nordrhein-Westfalen den sogenannten Medienpass. Die Politik erhofft sich, mit dem „Kompetenzrahmen Medienpass“ den Erwerb der sogenannten Medienkompetenz gerade in Schulen verbindlich und flächendeckend umzusetzen. Ja, das Wort Kompetenz wird in der Schulsprache gerne benutzt.
Der Medienpass als Leitfaden
Inhaltlich beschreibt der Medienpass einen Kompetenzrahmen, der sich in vier Stufen gliedert. Die erste Stufe setzt bei Kindern im Vorschulalter ein. Ich brauchte etwas Zeit, bis ich den Aufbau der chic gestalteten Tabelle erfasste. Die Stufe 1 beinhaltet hierbei den interessanten Bereich für Kinder im Vorschulalter und gliedert sich in fünf Kompetenzbereiche.
Kompetenzen im Vorschulalter
Schon beim Lesen der für Vorschulkinder festgesteckten Ziele dachte ich mir “das lernen die Kinder eh zu Hause!” Was da steht, ist doch selbstverständlicher Teil des Alltagslernens!?
Bedienen und Anwenden:
“Kinder erhalten die Gelegenheit, Grundkenntnisse zur Nutzung technischer Geräte zu erwerben. Kinder erhalten die Gelegenheit, analoge und digitale Medien z. B. Telefon, Handykamera, Radio oder Computer kennen zu lernen und zu nutzen.”
Mein zweijähriger Sohn telefoniert regelmäßig über Smartphone mit Oma und Opa (er wählt nicht selber). Der Fünfjährige kann schon ans Telefon gehen. Beide Rabauken patschen hin und wieder auf Tastaturen herum und schauen sich Fotostrecken am Tablet an (mit wischen und unter Aufsicht). Seit kurzem kann der Münsteraner seinen Namen in Großbuchstaben tippen. Auch zu den weiteren Bereichen im Medienpass fielen mir spontan Beispiele ein: Natürlich gucken sich meine Kinder Bilderbücher und Fernsehsendungen an und entnehmen diesen Informationen.

Begleitete Internetrecherche mit YT Kids
Die beiden letzten Bereiche Produzieren und Präsentieren, sowie Analysieren und Reflektieren sind nicht unbedingt selbstverständliche Bestandteile beim Alltagslernen. Hier wird der kreative Umgang mit digitalen Medien gefördert und eine kritische Auseinandersetzung mit Medienkonsum angebahnt.
Das im Alltag umzusetzen ist schon aufwendiger.
Wir könnten Bilder, die mein Großer mit der Digitalkamera geschossen hat, ausdrucken und daraus eine Collage herstellen. Oder wir sprechen ein passendes Bilderbuch mit verschiedenen Rollen ein und nehmen es mit dem Tablet auf. Das Ergebnis ist ein eigenes Medienprodukt (ein Hörspiel).
Besonders der letzte Bereich stimmte mich nachdenklich. Unterstütze ich meine Kinder genügend bei der Verarbeitung von Medien-Eindrücken? Stellen meine Kinder Fragen zu Filmen und Sendungen? Können meine Jungs den Aus-Knopf selber nutzen?
Hier ist Gespür und Feingefühl gefragt. Für mich ist es schwierig zu erkennen, wann sich der Übergang vom interessierten Mitverfolgen zum Sich-berieseln-lassen vollzieht. Oder anders: wann Medienkonsum beginnt, sich eher schlecht als gut auszuwirken. Sei es beim TV, beim Hörspiel oder bei einer App.
Welche Rolle spielt der Medienpass?
Nutzt unser Kindergarten den Medienpass NRW für die Vorschulkindert? Ich weiß es nicht. Mir ist viel wichtiger, den Pass als eine Orientierungshilfe für uns Eltern zu sehen – ohne strikte Ge- und Verbote in Sachen Medienkonsum. Er hilft uns gemeinsam, über dieses Thema zu reden und uns schon früh Gedanken über die Medienkompetenzen unserer Kinder zu machen. Nicht alles muss der Kindergarten oder die Schule behandeln, wir selbst sind ja maßgeblich an der Erziehung und Förderung unserer Kinder interessiert!
Einen Wunsch habe ich noch an den Medienpass: Schön wären konkrete Beispiele und pädagogische Anregungen für die Stufe 1. Gerade hier betrifft es die Eltern ja noch mehr als bei Schulkindern.
Die Autorin dieses Beitrags
Der Münsterpapa David ist Vater von zwei Jungs (*2012 und *2015) und seit über 10 Jahren Grundschullehrer und Medienpädagoge im Münsterland.