Meine „Tipps gegen das Versagen der Männer im Kreißsaal“ helfen vielleicht nur wenigen, weil alle anderen fleißig die Geburtsvorbereitung begleiten und immer gut zuhören, was ihre Frauen so erzählen.
Aber wenn ich nur eine Frau vor so einer unnötigen Zusatzbelastung währender der Geburt bewahren kann, hat es sich schon gelohnt!
Dieser Text ist nämlich eigentlich nur für Männer. Und zwar für Männer, die bald Vater werden und sich dabei nicht blamieren wollen. Also, wenn du ein Mann bist und wissen willst, wie du deine Frau tatsächlich während der Geburt unterstützen kannst, findest du hier ein paar Antworten. (Wenn du eine Frau bist, darfst du das gern an den nächsten Mann weiterleiten, der ein Kind erwartet…sharing ist caring!)
Sei nicht wie die australischen Männer
Die Initialzündung für diesen Text war eigentlich nur Wut. Ich habe die australische Reality Show Yummy Mommy auf Netflix gesehen. Da ist mir der Kragen geplatzt. Es ist eine Untertreibung, wenn ich die dort gezeigten Männer als Knalltüten bezeichne. Wirklich. Obwohl sie allesamt augenscheinlich gut gebildete, beruflich fähige Menschen sind. Sie sind eine Schande für ihr Geschlecht!
Neben all dem unsinnigen Protz und den seichten Dialogen der Serie hat mich die völlige Abwesenheit, Hilflosigkeit und Apathie der Männer während der Geburt ihres jeweils ersten Kindes entsetzt. Ihr Gewische auf dem Smartphone während der Presswehen war noch nicht mal der Gipfel der Unachtsamkeit.
Ich möchte mir nicht vorstellen, dass überhaupt eine Frau dieses 1950er Verhalten heute noch erduldet. Wie diese Männer dann in Zukunft ihre Vaterrolle definieren ist nicht schwierig vorauszusehen. Fremdschämen kann man sich bei dieser Serie wirklich hervorragend!
Doch euch, liebe Leser, wird das nicht passieren! Ihr werdet an der Seite eurer Frauen glänzen und immer (!) wenn sie an die Geburt zurückdenkt, wird sie euch in den höchsten Tönen loben. Alles was ihr tun müsst ist euch an meine Worte zu erinnern!
Before we start…
Jungs, zieht euch warme Socken an und krempelt die Ärmel hoch, jetzt geht’s zur Sache. Ich verspreche, ich werde kein Blatt vor den Mund nehmen und wenn ihr am Ende noch Fragen habt, fragt die Frau an eurer Seite, denn der wichtigste aller Punkte ist und bleibt: Redet miteinander!
Tipps gegen das Versagen der Männer im Kreißsaal
Gib dir einen Moment
Es ist hart, neben Superwoman zu stehen, wenn man selbst ein „netter Kerl von nebenan“ ist. Es ist schwer sich zurückzuhalten, wenn vor euch die Kapitänin das Schiff durch die stürmische See segelt und dabei die gefährlichsten Schlachten kämpft. Wie soll man nur dabei sein und möglichst nicht im Weg stehen, wenn Sie all die schweren Brocken hebt und dabei soviel Mut beweisen muss, wie alle Marvel Superhelden zusammen!?
Genauso fühlt es sich nämlich an, wenn deine Frau durch eine Geburt geht und du nicht mehr als liebevolle Ermutigung und starke Stütze sein kannst. Mach dir das bewusst und lass es zu. Du hältst das aus. Es gibt für diese Situation keine andere Lösung, keinen besseren Weg.
Mach deine Hausaufgaben
Es wird blutig, laut, schwitzig und dreckig. Deine Frau wird sehr wahrscheinlich nicht während der ganzen Geburt die zauberhafte Elfe sein, die du in ihr siehst. Der einzige Weg damit gut umzugehen ist sich zu informieren. VORHER!
Sieh zu, dass du weißt, wie das mit der Geburt funktioniert. In welcher Reihenfolge passiert was und wo (in deiner Frau). Welche Wege der Schmerztherapie gibt es, welche Geburtsoptionen bietet euer Krankenhaus an? Was muss passieren, wenn die Fruchtblase platzt oder der Schleimpfropf abgeht? (Sprich das Wort ruhig laut aus. Lachen ist erlaubt, wir Frauen finden das auch eklig-lustig.)
All das kannst du gut mit deiner Frau gemeinsam erkunden. Sie weiß sowas auch nicht automatisch! Wir Frauen werden auch nicht mit einem mystisch, magischen Wissen über Schwangerschaft, Geburt und Wochenfluss geboren! Sie wird auch nicht denken, dass du unfähig oder dumm bist, wenn du Fragen stellst. Im Gegenteil wird sie sogar dankbar sein für dein Interesse, denn auch für die Frau ist diese Phase verwirrend und überwältigend.
Wo soll die Geburt nochmal stattfinden?
Die endgültige Entscheidung über den Geburtsort sollte bei der Frau liegen, denn nichts ist so wichtig wie das Bauchgefühl, wenn es um die Geburt geht. Aber egal ob sie sich für eine Klinik, das Geburtshaus oder den Wald entscheidet…wichtig ist, dass du während der ganzen Schwangerschaft auf dem Laufenden bleibst! Und den Findungsprozess begleitest. Fahr mit ihr zu den Infoabenden. Hilf ihr bei der Recherche und am allerwichtigsten: Merk dir, wo du im Fall des Falles hinfahren musst!
Wenn du das Glück hast, deine Frau selbst dort hinfahren zu dürfen, solltest du die Adresse bereits im Navi gespeichert haben. Ja, auch wenn du die Strecke wirklich gut kennst. Es ist immer wieder erstaunlich, welch großes Areal deines Hirns bei vorgeburtlicher Aufregung nur noch rot blinkt und keine Informationen abrufen lässt! Es soll Männer geben, die dann nicht mal mehr wissen, wo der Lichtschalter im eigenen Hausflur ist…
Die Tasche für die Geburt
Neben den Dingen, die deine Frau für eine Geburt dabei haben sollte, passt sicher noch etwas für dich rein. Wechselklamotten, ein Power-Müsli-Riegel und Schmerztabletten. Es könnte sein, dass sie sich während der kompletten Presswehen an deinen Nacken hängt oder dir die Hand zerquetscht. Schluck ne Pille und behalte dein Mimimi für dich, denn Sie hat gerade nach 40 (!) Wochen Schwangerschaft euer Kind geboren!
Sei aufmerksam und bewusst
Ich habe nicht umsonst von deiner Superwoman gesprochen. Jeder Superheld braucht einen Sidekick und der bist du jetzt! Wenn sie versucht dir was zu sagen oder einfach nur Schmerzen hat, dann schenk ihr deine volle Aufmerksamkeit! Konzentriere dich und hör hin.
Sei kein Honk, der ständig auf’s Handy guckt. Es ist egal wie Bayern heute gespielt hat und es spielt auch keine Rolle, was deine Kumpels jetzt für Bildchen schicken. Du musst ihr in die Augen sehen und beobachten was passiert.
Ja, sie klagt stundenlang über die gleichen Schmerzen und ja, du kannst daran nichts ändern. Aber gib ihr diese Zeit! Das ist wirklich alles, was du machen musst. Genau das braucht sie! Einen echten Mann, der sie hört, der sie sieht, der sie nicht allein lässt! Dieses Geduldsspiel ist deine Challenge.
Erst denken, dann reden
Mein Opa sagte immer: „Männer sind nur dann richtig gut, wenn sie von oben nach unten funktionieren.“ Erst denken, dann observieren und erst dann reden.
Für dich bedeutet das: Denk nach, schau genau hin, nimm die ganze Situation wahr und erst dann kannst du ihr Trost und Mut zusprechen. Wenn du die ersten Schritte auslässt, solltest du auch besser den Mund halten.
Mitfühlend aber nicht herablassend
Wie zu Anfang gesagt, ist es wirklich nicht leicht es auszuhalten, wenn der Partner all die schwere Arbeit machen muss. Während einer Geburt kann es zu jedem beliebigen Zeitpunkt plötzlich und unerwartet sehr viel schlimmer werden. Deine Worte haben also Gewicht.
Sieh ein, dass du ihre Schmerzen nicht fühlst und deine Ratschläge (außer du bist ein erfahrener Geburtshelfer) wenig hilfreich sind. Spiel die Situation nicht herunter. Sag nicht sowas wie „das haben schon hunderte andere Frauen vor dir geschafft“, „so ein großes Ding ist eine Geburt nicht, reiß dich halt zusammen“ oder gar „da musst du jetzt durch“. Sag stattdessen, dass alles gut wird, dass sie das großartig macht, dass du stolz bist auf deine starke Frau. Sag ihr, dass sie das schafft und dass du bei ihr bist. Sag ihr das alles immer wieder, auch wenn du dich wie eine springende Schallplatte fühlst.
Als bester Sidekick gibst du ihr das letzte bisschen Mut und ein wenig mehr Kraft, damit sie euer Wunder vollkommen machen kann.
Perspektive ist der Schlüssel
Eine Geburt verändert die mentale Verfassung von jedem Anwesenden. Es ist die Ausnahmesituation der Ausnahmesituationen. Frau sagt vielleicht Dinge, die nicht nett sind. Ihr Ton wird vielleicht nicht der sein, den du als akzeptabel einstufst. Doch bevor du dich aufplusterst und dein Ego gestreichelt haben willst, solltest du kurz die Perspektive ändern.
Durch ihren Unterleib drückt sich gerade ein geburtsreifes Menschenkind. Mit Schultern, Knien und einem großen Schädel. Da wo normalerweise ihre Blase ist, schiebt sich jetzt vermutlich gerade eine Nase entlang. Dein Kind wird gleich da sein, also schluck’s runter und lass es nie wieder raus!
Keine Panik!
Es könnte aber auch sein, dass es so unfassbar hässlich und laut wird, dass du Angst bekommst. Manchmal geht etwas schief und du solltest dafür sorgen, dass Menschen vom Fach schnell bei deiner Frau sind, wenn es kritisch ist. Doch Panik nützt niemandem. Also, wenn du die Angst in deiner Kehle fühlst…schließe die Augen, stell dir dein Kind in deinem Arm vor und atme. Sauerstoff hilft!
Und zum Schluss nochmal zur Erinnerung: Bei Fragen, egal ob zu den technischen Details der Geburt, zu eurer Wahl der Klinik, zu dem gewählten Namen des Kindes: Frag die schwangere Frau an deiner Seite!
So lang ihr miteinander kommuniziert – wie mein Opa sagte, von oben nach unten! – wird es am Ende einen neuen Menschen auf der Welt geben. Und dieser wird euer Leben so viel reicher, lauter, bunter und vollkommener machen, als du dir je vorstellen kannst!
Die Autorin dieses Beitrags
Leila schreibt seit 2014 über Familie, Food und Reisen hier auf Münstermama, und als Kolumnistin der MZ. Als Gründerin des Münsteraner Bloggernetzwerks MünsterBLOGS ist sie aktuell nicht mehr aktiv, begleitet das Netzwerk aber noch immer.