Mamas Stories

Warum meine Kinder nicht leiden, wenn sie bei gewissen Anlässen leise sind – Stillsein als Chance

Vor kurzem waren wir mit beiden Kindern bei einer Feier. Während das Münsterbaby auf dem Arm meines Liebsten selig schlummerte, saß der kleine Münsteraner mit mir eine Reihe dahinter. Er saß genau zwischen mir und einer guten Freundin. Unsere Kinder waren nicht die einzigen Kinder bei dieser Feier und alle anwesenden Kinder – egal welchen Alters – kamen gut mit der Situation klar.

Während des offiziellen Teils der Feier war der kleine Münsteraner wirklich lieb. Er schaute sich interessiert um, stellte hin und wieder leise Fragen und wenn er Bewegungsdrang verspürte stand er auf und lehnte sich an meine Beide oder balancierte auf meinen Füßen.

Die Reden zogen sich ein wenig und der kleine Münsteraner schweifte mit seiner Aufmerksamkeit natürlich ab. Er spielte ruhig mit seinem Bär, mit meinen Händen oder mit den ausliegenden Zetteln. Er nahm mit anderen Gästen Blickkontakt auf, lächelte sie an und versteckte sich hinter mir. In meinen Augen ganz normal.

Die Freundin, die neben uns saß fing immer wieder an mit ihm rumzualbern. Wenn es zu laut zu werden drohte, erinnerte ich ihn mit einer kleinen Geste kurz daran, dass es angebracht ist nicht zu stören. Das kennt er gut und reagiert auch gut darauf und er weiß, wenn es gar nicht mehr geht, gehe ich mit ihm aus der Situation heraus. Nachdem die Freundin ihn dann aufforderte doch mal rumzugehen um zu gucken, was da so passiert, war selbst der kleine Münsteraner ganz überrascht und wollte gar nicht. Der kleine Münsteraner hielt prima bis zum Ende der Reden durch und war auch hinterher noch gut zufrieden.

Ich weiß, dass sie es nur gut meinte und ihn beschäftigen wollte. Doch hinterher fragte ich sie, warum sie glaubte, ihn beschäftigen zu müssen und ihre Antwort hat mich ein wenig überrascht: Er tat ihr leid.

Dies hat mich lange beschäftigt, denn ich verstehe nicht warum sie Mitleid empfand. Er litt ja nicht. Er war nicht unzufrieden oder ungeduldig. Er quengelte nicht und er fragte auch nicht, ob er raus kann. Er weiß, dass wir jederzeit aus der Situation gehen, wenn er nicht mehr da bleiben möchte, so handhaben wir das auch z.B. bei Messen in der Kirche, zu denen wir mit den Kindern von Anfang an hin und wieder gegangen sind.

Zudem bin ich der Meinung, dass man auch kleinsten Kindern gut vermitteln kann, dass es Situationen gibt, in denen man sich leise verhält. Im Standesamt, auf dem Flur einer Behörde, zu Besuch im Krankenhaus, bei Hochzeiten und Taufen in der Kirche. (Bei Familienmessen ist das was anderes. Da gibt es neben ruhigen Gebetsphasen auch viele Möglichkeiten für die Kinder mitzureden und laut zu sein.)

Aber leiden alle Kinder automatisch, wenn mal für 40 Minuten nicht getobt und geschrien werden kann?

Dazu muss ich sagen, dass der kleine Münsteraner an sich schon kein wildes und lautes Kind ist. Nicht weil ich ständig schimpfe oder ihn ruhig halte. Vielmehr ermuntere ich ihn oft auch mal aus sich rauszugehen und laut zu sein. Er ist halt ein ruhiger Typ. Er beschäftigt sich gern selbst mit seinen Spielsachen und Büchern oder guckt an neuen Orten auch gerne mal einfach nur in der Gegend rum und stellt dann irgendwann seine Fragen zu dem Gesehenen.

Wenn das Münsterbaby anders sein sollte, müssen solche Gelegenheiten natürlich für uns wieder anders organisiert werden. Dafür sind wir offen, denn uns ist klar, dass nicht jedes Kind gleich ist. Und ein Kind mit ausladendem Bewegungsdrang würde ich dann auch nicht zwingen mitzugehen.

Ich denke, man würde deutlich merken und sehen, wenn der kleine Münsteraner sich nicht wohl gefühlt hätte. Dass ein Kind bei einer längeren Rede, die sich an Erwachsene richtet, auch mal unaufmerksam wird, ist wohl natürlich. Vermutlich passiert das mindestens 80 Prozent der Erwachsenen auch.

Wenn ich also meine Kinder mit zu einer Veranstaltung nehme, bei der sie dann eine untergeordnete Rolle spielen und auch mal ruhig sind, braucht man kein Mitleid zu haben. Sie fühlen sich wohl und werden hinterher von uns gelobt. Nicht etwa, weil sie ganz artig waren und das gemacht haben, was ich von ihnen wollte, sondern vielmehr weil sie verstanden haben, dass es auch ruhige und ebenso schöne Momente im Leben gibt – Stillsein als Chance, mal andere Dinge wahrzunehmen. Es ist für mich wichtig, dass sie lernen auch mal andere im Mittelpunkt stehen lassen zu können, ohne sich zurückgesetzt zu fühlen. Und weil sie es aushalten, nicht alles zu verstehen und sich im Rahmen der Möglichkeiten kreativ selbst zu beschäftigen. Alles meiner Meinung nach wichtige Erfahrungen.

Wie seht ihr das? Fühlt ihr Mitleid mit Kindern, die bei bestimmten Anlässen ruhig sein „müssen“?

Eure Münstermama

Die Autorin dieses Beitrags

Leila schreibt seit 2014 über Familie, Food und Reisen hier auf Münstermama, und als Kolumnistin der MZ. Als Gründerin des Münsteraner Bloggernetzwerks MünsterBLOGS ist sie aktuell nicht mehr aktiv, begleitet das Netzwerk aber noch immer.

Kategorie: Mamas Stories

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Leila schreibt seit 2014 über Familie, Food und Reisen hier auf Münstermama, und als Kolumnistin der MZ. Als Gründerin des Münsteraner Bloggernetzwerks MünsterBLOGS ist sie aktuell nicht mehr aktiv, begleitet das Netzwerk aber noch immer.